AG Kognitive Störungen bei älteren Menschen im Strafvollzug und Maßregelvollzug

Die demographische Entwicklung in Deutschland bildet sich auch bei den Menschen im Strafvollzug ab. Der Altersdurchschnitt steigt, und die Zahl der über 60-jährigen Menschen im Strafvollzug wächst ebenfalls sukzessive an. Da das Alter den größten Risikofaktor für die Entwicklung demenzieller Erkrankungen darstellt, stehen die Justizvollzugsanstalten zunehmend auch vor der Herausforderung, Menschen mit kognitiven Dysfunktionen und Demenzen adäquat zu versorgen.

Diese AG befasst sich mit den kognitiven Störungen bei älteren Menschen im Strafvollzug. Um zunächst einen Status Quo zu erfassen, soll untersucht werden, wie viele der älteren Menschen im Strafvollzug unter kognitiven Störungen leiden, mit welchen Faktoren diese Störungen zusammenhängen und wie sich die kognitive Leistungsfähigkeit über die Zeit entwickelt. Schließlich sollen Möglichkeiten der zeitökonomischen Diagnostik kognitiver Störungen und auch mögliche Therapiemaßnahmen (d.h. kognitives Training) eruiert werden.

Aktuelle Projekte

Demenzsensibler Strafvollzug in NRW

Ziel ist die Sensibilisierung und Schulung des Personals der Justizvollzugsanstalten. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Wissensvermittlung zu den Themen normaler bzw. pathologischer Alterungsprozess und Risiko- und Schutzfaktoren für die Entwicklung demenzieller Syndrome im Strafvollzug. Auch adäquate Umgangsformen für Menschen mit kognitiven Dysfunktionen und Demenzen bilden einen Fokus: Hier ist von hoher Relevanz, dass die Mitarbeitenden im Strafvollzug ein spezifiziertes „Handwerkszeug" bekommen, um schon erste Krankheitszeichen wahrzunehmen und präventiv agieren zu können. Hierzu wurde ein Pocket-Guide erstellt, der noch in diesem Jahr veröffentlicht und den Mitarbeitenden der Justizvollzugsanstalten in NRW zur Verfügung gestellt wird. 

Kognitives Training bei älteren Straftätern im geschlossenen Strafvollzug: eine Pilotstudie

Im Rahmen dieser Pilotstudie sollen erstmalig die Feasibility („Machbarkeit“) sowie die Wirksamkeit eines kognitiven Trainingsprogramms (NEUROvitalis; Baller et al., 2020) bei kognitiv gesunden männlichen Straftätern bzw. Straftätern mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen auf kognitive und affektive Endpunkte sowie Lebensqualität untersucht werden. Weiterhin ist eine Durchführung bei Patientinnen und Patienten mit der Diagnose einer Schizophrenie im Maßregelvollzug geplant.

Entwicklung kognitiver Leistungen älterer Menschen im geschlossenen Strafvollzug – eine Longitudinalstudie

Erstmals soll in diesem Projekt die kognitive Leistungsfähigkeit älterer Menschen im deutschen Strafvollzug über einen längeren Zeitraum evaluiert werden (Panelstudie). Insbesondere soll erhoben werden, inwiefern die in Querschnittsarbeiten dokumentierten kognitiven Dysfunktionen Marker einer beginnenden neurodegenerativen Erkrankung oder vielmehr ein stabiles (mitunter prämorbides) Merkmal dieser Gruppe sind.

Kognitive Leistungsfähigkeit von Menschen im geschlossenen Strafvollzug: ein systematisches Review mit Meta-Analyse

Ziel dieses Reviews ist die systematische Recherche und meta-analytische Aufarbeitung von Studien, die die kognitive Leistungsfähigkeit von erwachsenen Personen im geschlossenen Strafvollzug mittels standardisierter neuropsychologischer Testverfahren erhoben haben.

Publikationen

Ausgewählte Publikationen der letzten Jahre

2023

Verhülsdonk, S., Folkerts, A. K., Hufnagel, S., Bohn, C., Hoeft, B., Supprian, T., & Kalbe, E. (2023). Frequency of cognitive impairment in older forensic inpatients: results of a pilot cross-sectional study. The Journal of Forensic Psychiatry & Psychology, 34(1), 37-55.

Verhülsdonk, S., Folkerts, A. K., Dietrich, K., Höft, B., Supprian, T., Jänner, M., & Kalbe, E. (2023). Cognition in older offenders in North Rhine-Westphalia: A comparison of prisoners and patients in forensic psychiatry hospitals. International Journal of Law and Psychiatry, 88, 101892.

Verhülsdonk S. & Hufnagel S. (2023). Demenzdiagnostik in der forensischen Psychiatrie – Häufigkeit kognitiver Einschränkungen und Schwierigkeiten in der Differential-Diagnostik. Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Volume 32, 2023 (1)
 

2022

Verhülsdonk S: Strafe trotz Demenz; in: Pohlmann S. (Herausgeber): Alter und Devianz. Kohlhammer Verlag (2022)

2021

Verhülsdonk S, Dietrich K, Folkerts AK, Christl J, Höft B, et al. (2021) Self-rating of depression in elderly prisoners in North Rhine-Westphalia, Germany. Arch Depress Anxiety 7(2): 040-049. DOI: 10.17352/2455-5460.000066

2020

Verhülsdonk, S., Folkerts, A.K., Höft, B., Supprian, T., Kessler, J. & Kalbe, E. (2020) Cognitive dysfunction in older prisoners in Germany: A cross-sectional pilot study. International Journal of Prisoner Health, 17(2), 111-127.

Verhülsdonk, S. (2020) Kognitive Leistungsfähigkeit älterer Straftäter. Ergebnisse einer Pilotstudie in NRW. Forum Strafvollzug.

Team

Dr. rer. nat. Sandra Verhülsdonk
Gerontologin
Institutsambulanz Gerontopsychiatrie, LVR-Klinikum Düsseldorf / Kliniken der Heinrich-Heine-Universität
E-Mail sandra.verhuelsdonk@lvr.de

Dr. Ann-Kristin Folkerts
Gerontologin
E-Mail ann-kristin.folkerts@uk-koeln.de

Prof. a. D. Josef Kessler, Dipl.-Psych.
E-Mail josef.kessler@uk-koeln.de

Prof. Dr. rer. nat. Elke Kalbe
Leiterin der Arbeitsgruppe
E-Mail elke.kalbe@uk-koeln.de